Schön und Gesund mit altem Wissen
Verlorenes Wissen wiederentdeckt
Wir befinden uns etwas oberhalb von Fiss, tief in den majestätischen Bergen Tirols. Im Tal mag der Sommer noch nicht ganz angekommen sein, doch hier oben können wir ihn schon deutlich spüren. Wir fühlen, wie uns die Sonne wärmt, wir hören Waldbienen summen, es duftet nach Gras und wilden Kräutern. Hier an der oberen Grenze des menschlichen Lebensraumes war das tägliche Leben schon immer geprägt von der Nähe zur Wildnis. Das formte auch den Menschen, denn um in den Bergen zu überleben mussten Bauern, Jäger und Waldarbeiter lernen, sich mit der Natur zu verbünden. Die Gaben der Natur wurden genutzt aber auch respektiert. Doch das Bewusstsein für die Möglichkeiten der Naturheilkunde war nicht immer so stark ausgeprägt. Als Fortschritt und Schulmedizin sich im 20. Jahrhundert bis in die entlegensten Täler vorkämpften, begann das Interesse der Menschen an der Natur zu schwinden.
Mit der Zeit wäre das Wissen über die Heilkräuter beinahe in Vergessenheit geraten. Doch zum Glück gibt es noch Menschen, die ihre Kenntnisse für spätere Generationen weitergeben. Eine davon ist die Kräuterhexe Simone Grün. Sie begann schon als Kind, gemeinsam mit ihrem Großvater, die Almen und Wälder der Region nach Heilkräutern zu durchsuchen. Er zeigte ihr die verschiedenen Kräuter, wie man sie sammelt und wie sie wirken. Nach der Geburt ihrer Tochter begann Simone Kräuter für den Eigenverbrauch zu sammeln und zu verarbeiten. Mittlerweile reicht die Produktpalette von Salben bis hin zu Marmeladen und Likören. Zugleich hält die fesche Fisserin auch Workshops ab, in denen sie ihr Fachwissen an andere weitergibt.
Naturheilmittel und Kraftpakete aus der Region
Auf ihren Wanderungen rund um Fiss sammelt Simone eine Vielzahl verschiedener Wildkräuter.
• Mädesüß war bereits in der Antike für seine schmerzstillende Wirkung (ähnlich wie Aspirin) bekannt.
• Die Moschus-Schafgarbe wirkt verdauungsfördernd und hilft gegen Magen-Darm-Probleme.
• Lärchenpech wird bei Holzarbeiten gewonnen und hilft bei der Behandlung offener Wunden.
• Das Johanniskraut wirkt anregend und wird traditionell gegen Winterdepression angewendet.
• Simones persönliches Lieblingskraut ist der Spitzwegerich. Er gibt Energie und entspannt zugleich. Er lässt sich auch unverarbeitet als eine Art angenehm bitterer Naturkaugummi genießen.
Eines der wirkungsvollsten und zugleich wohl am meisten unterschätzten Gewächse treffen wir jedoch alle beinahe täglich an. Die Brennnessel ist eine echte Überlebenskünstlerin und im Wald ebenso heimisch wie im Garten oder in urbanen Hinterhöfen. Unauffällig und von vielen Hobbygärtnern als Unkraut verschmäht, ist die Brennnessel jedoch ein wahres Kraftpaket. Ihre Nesseln helfen schon seit Jahrhunderten effektiv gegen Rheuma, ihren Samen (den man besonders gut im Müsli essen kann) wird vitalisierende und sogar potenzfördernde Wirkung nachgesagt. Das macht die Brennnessel zum echten Powerfood, das auch mit hippen Konkurrenten wie den Goji Beeren und Chia Samen leicht mithalten kann und zudem auch umweltverträglicher ist (weil sie nicht importiert werden muss).
Doch wie in der Schulmedizin muss auch bei Naturheilmitteln auf ihre Dosierung und Verträglichkeit geachtet werden. Aus diesem Grund bietet Simone Grün ihren Seminarteilnehmern Hilfe zur Selbsthilfe.
Das Einmaleins der Kräuterhexen
In ihren Workshops zeigt Simone ihren Schülern nicht nur, wo sie welche Kräuter sammeln können, sondern auch wann. Denn die Jahreszeit, die Mondphase und sogar die Tageszeit haben Einfluss darauf, wie die gesammelten Pflanzen wirken.
Dabei hilft auch der Fisser Kräuterlehrpfad, der von der Kräuterexpertin Monika Schmid angelegt wurde. Um Wanderer gut zu informieren achtete sie besonders darauf, alle Pflanzen detailliert zu beschildern. Der Kräuterlehrpfad führt von Fiss in Richtung Wolfsee und ist deshalb nicht nur lehrreich, sondern auch sehr schön und lädt zum Entschleunigen ein. Für angehende Kräuterhexen hat Simone einen Ratschlag: „Bleibt Achtsam, hört auf euren Körper und respektiert die Natur."